Servitization

Servitization –
Kann ich das und wenn ja, warum?

 

Kapitel 1: Was ist Servitization?

Kennt ihr noch den Cronut? Dieses legendäre Stück Gebäck, für das 2013 New Yorker stundenlang anstanden? Der Hype machte die kleine Familienbäckerei „Dominique Ansel Bakery“ im New Yorker Viertel Soho weltbekannt. Schlangen bildeten sich jeden Morgen. Maximale Abnahmemengen mussten festgelegt werden. Der Preis? Auf dem Höhepunkt des Hypes wurden auf dem „Schwarzmarkt“ dreistellige Beträge erzielt.

Alles für eine Kombination aus Donut und Croissant. Beides nicht gerade revolutionär und auch bei der Bäckerei Brezlmann & Sohn gleich hier im Dorf zu bekommen. Von Weltruhm spürt man dort aber wenig.

Ich finde, der Cronut ist eine tolle Analogie für das, was sich im Kern hinter Servitization verbirgt. Es geht darum, zwei Produkte geschickt miteinander zu kombinieren und so ein komplett neues Produkt zu kreieren. Damit das ganze als Servitization bezeichnet werden kann, muss diese Kombination nur einer einzigen Regel folgen: Wir kombinieren nicht zwei Gebäckstücke, sondern eine Produktleistung (PL) mit einer Dienstleistung (DL). That’s it!

Kapitel 2: Warum eigentlich?

Warum kann ich nicht einfach meine Produkte weiter so verkaufen wie bisher? „Dit ham wa früher och nich jebraucht!“ – Ist vollkommen richtig. Aber Bäcker Brezlmann & Sohn hat auch keine Filialen und PopUp-Stores in LA, Hongkong, London oder Paris. Er hat keine registered Trademark auf seine Brezln und auch keine eigene limitierte Sneaker-Kollektion.

Ein einfaches Croissant holt heute eigentlich niemanden mehr hinter dem Ofen hervor. Außer mich vielleicht. Aber ich habe auch eine ausgeprägte Schwäche für Blätterteig ganz allgemein. Aber mit einer Innovation wie dem Cronut gelingt es, nicht nur die eingeschworene Gemeinschaft der Blätterteig-Liebhaber für sich zu gewinnen. Auch Donut-Verehrer und Innovations-Begeisterte und – wenn der Hype groß genug ist – noch viele viele mehr werden aufmerksam.

–> Neukundengewinnung & Ausweitung des Marktes

Mit seinem neu kreierten Produkt konnte sich Dominique Ansel von der Konkurrenz abheben. Er muss sich nicht mehr in den Preiskampf mit anderen Croissant- oder Donut-Anbietern begeben.

–> Unabhängigkeit & in der Preisgestaltung

Seine Kunden wissen: Das Original ist von ihm. Jeder der nachrückt auf dem Cronut-Markt ist eben doch nur Rang 2.

–> Unabhängigkeit & in der Preisgestaltung

Sollte Dir das an Argumenten für Servitization noch nicht reichen, dann lies bitte Kapitel 2.

Kapitel 3: Und wie genau?

Hier kommen wir jetzt an den Punkt, an dem wir uns ein wenig von unserem Cronut-Beispiel wegbewegen müssen. Denn Servitization ist ja nicht die Verschmelzung zweier physikalischer Produkte – PL, wir erinnern uns -, sondern eine Kombination aus einer Produktleistung (PL) und einer Dienstleistung (DL).

Das bedeutet viel Aufwand. Zuerst Kreativität. Wir nutzen das Wissen, das wir über die Bedürfnisse unserer Kunden haben und überlegen uns dann, welche Dienstleistung unsere Produkte noch wertvoller machen könnten.
Die Modebranche macht es vor. Als Kunde hat man die Wahl, ob man einfach Klamotten kaufen möchte, oder ob man sich von meinem persönlichen Stylisten ein komplettes Outfit zusammenstellen und zuschicken lässt. Eine clevere Kombination aus einem oder mehreren physikalischen Produkten und einer Dienstleistung – nämlich Modeberatung. Quasi ein Cronut zum Anziehen.

Die Liste geht auch in anderen Branchen weiter: Mietmodelle für Werkzeuge, Mobility as a Service und und und …

Der Aufwand endet aber nicht nach der Entwicklung eines neuen Produktes.

Die Dienstleistung, die mit unserem Produkt verknüpft ist, muss auch erbracht werden. Ab jetzt geht es um Organisation und Koordination. Denn synchron mit dem Produkt, muss jetzt auch noch eine Dienstleistung zur richtigen Zeit, im richtigen Umfang am richtigen Ort erbracht werden.

Viele Handlungs- und Prozessstränge kommen da zusammen und müssen an einem Punkt, im Moment der Wahrheit, an dem Punkt, an dem es gilt, voll abzuliefern, perfekt ineinandergreifen.

Und genau hier – endlich – kommen wir ins Spiel. Unser Moment der Wahrheit ist der Moment der Wahrheit unserer Kunden. Wir feilen gemeinsam mit unseren Kunden an Prozessen und Infrastruktur, bis alles läuft wie ein Schweizer Uhrwerk. Auch unser Produkt ist servitized. Ein Beratungs-Cronut aus Software (PL) und echter Unternehmens- und Prozessberatung (DL). Bon Appetit!

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